Ein neues Geschäftsjahr beginnt, und das traditionelle Kickoff-Meeting läutet die ambitionierten Unternehmensziele ein. Der Geschäftsführer verkündet mit Pathos und Stolz die für die kommenden zwölf Monate gesetzten Ziele – allesamt fein säuberlich nach dem bewährten SMART-Prinzip formuliert. Ein Umsatzwachstum von 10 % im Produktsegment XY werden in Aussicht gestellt. Die Mannschaft lauscht gespannt, die Spannung ist auf dem Höhepunkt, bevor der tobende Applaus die Bühne erfüllt.
Ein vertrautes Bild? Wahrscheinlich der erste Teil, Standing Ovations bei den Teammitgliedern bleiben dabei meistens aus.
Doch halt, wir haben doch brav die Ziele nach dem SMART-Prinzip festgelegt: Spezifisch, Messbar, Attraktiv, Realistisch und Terminierbar.
Zweifellos ist S.M.A.R.T allseits bekannt und hat sich in der Geschäftswelt etabliert. Doch stellt sich die Frage: Wenn SMART so smart ist, warum erreichen dann nicht permanent alle Unternehmen ihre gesteckten Ziele und erblühen im steten Erfolg?
Die Antwort auf diese Frage liegt in der Tatsache, dass die Realität, in der wir uns bewegen, oft weitaus komplexer ist als das, was die SMART-Zielsetzung erfassen kann. Die Psychologen Edwin Locke und Gary Latham haben in ihren Untersuchungen gezeigt, dass konkret definierte Ziele tatsächlich die Leistung steigern können – allerdings hauptsächlich bei Aufgaben, die einfach strukturiert sind und klare Ergebnisse liefern. Ein Beispiel hierfür wäre ein Marathontraining, bei dem ein klarer Trainingsplan die zu absolvierenden Kilometer vorgibt und somit eine klare Verbindung zwischen Handlung und Ziel besteht.
Doch wie viele von uns haben schon einmal einen beruflichen Marathon absolviert? Wir befinden uns stattdessen in einer Welt, die von Unvorhersehbarkeiten und dynamischen Veränderungen geprägt ist. Hier mag die starre Natur der SMART-Ziele nicht nur ineffektiv sein, sondern sogar zusätzlichen Druck und Stress erzeugen und die Arbeitszufriedenheit reduzieren.
Die Frage, die sich stellt, ist, warum dies so ist und welche Alternativen sich anbieten.
In komplexen, sich wandelnden Umgebungen stoßen die SMART-Ziele an ihre Grenzen. Die Handlungen, die hier gefordert sind, geschehen oft auf einer unbewussten Ebene. Unser Verhalten wird beeinflusst von Beurteilungen, Einstellungen und früheren Erfahrungen, die unser Handeln in der Welt prägen. Dies kann zu Konflikten zwischen bewussten und unbewussten Motiven führen, die letztlich die Umsetzung spezifischer Ziele erschweren oder gar verhindern.
Die Essenz des Problems liegt in der Tatsache, dass das Setting, in dem wir agieren, oft mehrdimensional ist und keine klaren, vorhersehbaren Wege zum Erfolg bietet. Hier betreten wir die Arena der Motivation, die Locke und Latham als entscheidenden Faktor für das Erreichen von Zielen erkannt haben. Es geht darum, das intrinsische Feuer zu entfachen, das uns antreibt, unabhängig von äußeren Faktoren.
Die Lücke zwischen der aktuellen Realität und dem angestrebten Zustand kann eine mächtige Quelle der Motivation sein. Dabei ist es von Bedeutung, zwischen extrinsischen und intrinsischen Zielen zu unterscheiden. Extrinsische Ziele fokussieren sich auf äußere Ergebnisse, während intrinsische Ziele in der Freude an der Handlung selbst wurzeln.
Wie befeuern wir die intrinsischen Motivatoren um die Zielerreichung und gleichzeitig die Arbeitszufriedenheit zu verbessern?
Stellen wir uns folgende Aufgabenstellung vor: Es herrscht dichter Nebel und mein Blick reicht kaum über meine unmittelbare Umgebung hinaus. Ich muss jedoch von A nach B kommen innerhalb von einer bestimmten Zeit kommen.
Mit der SMART Methode würde ich das Ziel nach den Regeln beschreiben und gehe los.
Das Ziel ist spezifisch: Ich möchte innerhalb von einer bestimmten Zeit von Punkt A zu Punkt B gelangen, obwohl dichter Nebel herrscht. CHECK
Das Ziel und der Fortschritt sind messbar: Ich werde mein Fortschreiten messen, indem ich die zurückgelegte Entfernung und die verbleibende Zeit kontrolliere. CHECK
Das Ziel ist erreichbar: Die Entfernung zwischen A und B ist für die gegebene Zeitdauer realistisch zu bewältigen, auch bei schlechten Sichtverhältnissen. CHECK
Das Ziel ist relevant: Ich muss nach B, weil dort ein Kunde auf mich wartet. CHECK
Das Ziel ist zeitgebunden: Ich möchte innerhalb der nächsten Stunde von A nach B gelangen. CHECK
Und wieder herrscht große Begeisterung auf den Rängen. Die Leute reißt es von den Sitzen und laufen los…wohl eher nicht. Nach ein paar Schritten denke ich mir, ach der Nebel ist zu stark. So wichtig ist es ja gar nicht nach B zu kommen. Ich rufe den Kunden an.
Alterantive Methode: Ich stärke die intrinsische Motivation
Wie ich die intrinische Motivation stärke, weiß der Psychologe und Professor für Organisationspsychologie Adam Grant.
Ich definiere nicht den Weg, sondern ich kreiere ein maximal starkes Bild vom Zielzustand, warum wir diese Tätigkeit machen.
Ich stelle mir Fragen wie:
- Für wen mache ich das?
- Welchen Vorteil hat der Kunde, wenn ich zu ihm komme?
- Welche Probleme kann der Kunde lösen, wenn ich nach B komme?
Indem wir diese inneren Motive gestalten und verfeinern, schaffen wir ein lebendiges Bild dessen, wofür wir uns einsetzen. Ein innerer Leuchtturm, der uns durch den Nebel unserer Unsicherheiten führt. Der Weg wird zur eigenen Berufung.
Der Kunde heißt übrigens Rebeca Strademann. Ich kenne Sie sehr gut. Sie bereist am liebsten die Toskana mit ihrem Mann und ihren Kindern. Aktuell hat sie das aber Problem, dass Sie in ihrer Arbeit den Bericht noch nicht fertig hat. Sie weiß ganz genau, dass ihre Chefin in 2 Stunden nachfragen wird. Sie weiß ganz genau, dass ihre Kinder auf die warten und sie keine Lust hat, am Abend den Bericht fertig zu machen. Wir können Rebeca helfen. Mit unserer Hilfe, kann sie ihren Bericht fertig bekommen, deswegen wartet sie gerade bei Punkt B auf mich.
Jetzt laufe ich los, egal wie stark der Nebel ist. Egal welche Hindernisse auf mich zukommen. Ich weiß wofür ich renne.
In einer Welt, die ständigen Wandel und tiefe Komplexität birgt, könnten die vermeintlich klaren Pfade von SMART-Zielen zu eng sein. Der Wechsel zu einem intrinsisch motivierten Ansatz kann der Schlüssel sein, nicht nur Ziele zu erreichen, sondern eine tiefgreifende Erfolgsstory zu schreiben.
Kreieren wir uns starke Bilder die uns zum Laufen bringen.